Der Neustart von Galeria ist ein Fehlstart

Galeria-Filiale in Leipzig

Das Warenhaus soll zum 30. Juni 2023 geschlossen werden.



(Foto: dpa)

In einem Punkt hat Galeria-Chef Miguel Müllenbach wahrscheinlich tatsächlich recht: Das Warenhaus in Deutschland hat eine Zukunft. Das zeigen jeden Tag engagierte lokale Unternehmerinnen und Unternehmer, die in der Provinz mit viel Engagement und Gefühl für die Wünsche ihrer Kunden ein attraktives Sortiment zusammenstellen und mit Service und Erlebnis die Menschen in ihre Häuser locken.

Auch Galeria, beziehungsweise die Vorgängerunternehmen Kaufhof und Karstadt, hätten Jahrzehnte Zeit gehabt, ein solch überzeugendes Konzept zu entwickeln. Doch was man in den Läden sieht, ist ein lieblos zusammengestelltes Einheitssortiment, Beratung können die wenigen Mitarbeitenden kaum mehr leisten.

Wenn das Unternehmen jetzt verspricht, dass künftig alles besser wird, klingt das wenig glaubwürdig. Das hat es schon nach der ersten Insolvenz versprochen – das Ergebnis ist bekannt.

Das jetzt angekündigte Konzept überzeugt genauso wenig: Die Zentralisierung wieder zurückzudrehen und mehr Verantwortung in die Filialen zu geben wird nicht funktionieren. Es fehlen die unternehmerisch denkenden Filialleiter vor Ort. Der notwendige Kulturwandel wird nicht schnell genug möglich sein, um das Unternehmen damit zu retten.

Dass es jetzt davon spricht, mehr Mode ins Sortiment zu nehmen, klingt unfreiwillig komisch. Kaum eine Branche des Handels ist stärker von der Konsumflaute betroffen.

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Dass Peek & Cloppenburg gerade jetzt ins Schutzschirmverfahren flüchtet, ist kein Zufall. Zugleich ist in kaum einem anderen Segment der Anteil des Onlinehandels so hoch wie bei der Mode, mehr als die Hälfte der Bekleidung kaufen die Deutschen schon online.

Und dass Galeria den Onlinehandel nicht beherrscht, hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren hinreichend bewiesen. Der Onlineanteil am Umsatz beträgt bei Galeria trotz der Investition in einen neuen Webshop gerade mal sechs Prozent. Der Umsatz im Onlinehandel liegt jetzt sogar noch 40 Millionen Euro niedriger als beim ersten Insolvenzverfahren.

Deshalb muss die Frage erlaubt sein: Wem würde etwas fehlen, wenn es Galeria nicht mehr gäbe? Die Kunden haben schon mit den Füßen abgestimmt, die Frequenzen in den Filialen gehen dramatisch zurück. Auch um die Mitarbeitenden muss man sich nicht sorgen, in der Branche wird gutes Personal händeringend gesucht.

Für Kommunen bietet ein Galeria-Rückzug auch Chancen

Bleiben die Kommunen und die Immobilieneigentümer, die in diesem Fall im gleichen Boot sitzen. In vielen Fällen wird es in der Tat erst mal schwer sein, eine neue Nutzung für die Warenhausimmobilie zu finden, ohne Umbau oder Abriss wird es in der Regel nicht gehen.

Doch auch hier dürften mittelfristig die Chancen die Risiken überwiegen. Denn Einzelhandel allein ist nicht mehr der Magnet, der Menschen in die Innenstädte lockt. Speziell die großen Betonklötze, teilweise seit den 1960er-Jahren nicht umgebaut, in denen Galeria residiert, wirken auf viele eher abschreckend. Neue Konzepte sind gefragt. Galeria hat leider keine im Angebot.

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