Die Einheit war in Gefahr

Die Panzerlieferungen an die Ukraine sind ein Erfolg für Olaf Scholz. Doch der war offenbar nur möglich, weil Joe Biden sich weniger starrsinnig zeigte als der Kanzler.

Scholz bleib in den Gesprächen allem Anschein nach ziemlich stur. Zumindest war ihm der transatlantische Gleichschritt so wichtig, dass die Regierung in Washington am Ende einlenkte. Vereinfacht formuliert lässt sich wohl die Bilanz ziehen: Präsident Joe Biden war es wichtiger, einen Bruch der Anti-Russland-Allianz zu verhindern, als selbst stur zu bleiben.

Begehrtes Kriegsgerät: Das kann der Leopard II. (Quelle: t-online)

Nach zahlreichen Telefonaten zwischen Berlin und Washington kam dann aber auch in den USA die große Panzerwende: Plötzlich schien alles machbar. 31 Abrams sollen nun verschickt werden. Das entspricht der Stärke einer ukrainischen Panzerkompanie. Bis das schwere Gerät tatsächlich kommt, könnten allerdings Monate vergehen.

Zwar lobte Biden den Kanzler in einem öffentlichen Statement in höchsten Tönen für seinen Kurswechsel: Scholz sei eine “starke Stimme für die Einheit” und “ein enger Freund”. Doch im Panzergerangel zwischen der deutschen und der amerikanischen Regierung wurde erneut deutlich, dass die USA eigentlich mehr Eigenständigkeit von Europa erwarten. Einmal mehr wurde dem Weißen Haus aber auch klar, dass die Partner noch nicht so weit sind.

Der Bundeskanzler brauchte Garantien

Wie groß die Sorge der Amerikaner war, dass die gemeinsame Linie im Ukraine-Bündnis zerbrechen könnte, brachte am Mittwoch ein hoher Regierungsbeamter des nationalen Sicherheitsrats zum Ausdruck.

Im Gespräch mit Journalisten erklärte er den überraschenden Strategiewechsel so: “Die Einheit innerhalb der Allianz und mit unseren Partnern war uns sehr wichtig.” Deutlich wurde in dem Gespräch auch, dass dem Weißen Haus klar geworden sein muss, dass die deutsche Regierung Garantien braucht, bevor sie Panzer an die Ukraine liefert.

Was bedeutet: Der Kanzler gibt sein Okay, sobald die USA vorangegangen sind. Deshalb sickerten am Dienstag zuerst Meldungen durch, dass die Amerikaner bereit seien, ihre Abrams zu liefern. Wenig später kam dann das grüne Licht für die Leopard 2 aus Deutschland.

Einheit und Abhängigkeit

Dass die USA wiederum einwilligten, voranzuschreiten, zeigt: Sie wollten um jeden Preis die Einheit nach innen und außen wahren. Sie ist der Kern des bisherigen Erfolgs gegen die russische Aggression. “Wir haben versucht, sie zu einem Markenzeichen von allem zu machen, was wir in den elf Monaten dieses Konflikts für die Ukraine getan haben”, sagte der hohe Regierungsbeamte.

Die Abrams als amerikanische Rückversicherung sind damit einerseits ein großer Erfolg für Scholz. Nicht nur in den deutschen, sondern auch in den US-Medien wird der Bundeskanzler dafür entsprechend gelobt.

Weil man im Weißen Haus um die Symbolik amerikanischer Panzer weiß, die bald gegen russische Soldaten eingesetzt werden, wiederholte Joe Biden den entscheidenden Satz für die Fernsehkameras: “Dies stellt keine Angriffsgefahr für Russland dar.” Es ist die notwendige Klarstellung einer Supermacht, mit der sich Russland auf Augenhöhe sehen will.

Der Bundeskanzler sprach keinen vergleichbaren Satz bei seiner Rede im Bundestag am Mittwoch aus. Das beweist: Die Abrams sind damit auch Ausdruck dafür, dass Deutschland und Europa noch längst nicht so weit sind, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. Was in der Konsequenz eben auch bedeutet, dass die Ukraine ohne Unterstützung der Amerikaner vermutlich nicht mehr ukrainisch wäre.

Deutscher Erfolg und amerikanische Erwartung

Für die USA ist dieses Fazit ernüchternd. Immerhin – so wird es in Washington inzwischen an vielen Stellen gesehen – befindet sich Deutschland auf einem überraschend guten Weg. Die von Scholz Ende Februar angekündigte “Zeitenwende” wird ihm in der US-Hauptstadt mittlerweile sogar parteiübergreifend abgenommen.

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